Wettbewerb Bevölkerungsschutzzentrum, Gütersloh

Am Stadtrand von Gütersloh soll auf einem bisher unbebauten Grundstück der Neubau eines Bevölkerungsschutzzentrums entstehen. Im Rahmen eines Architektur-Wettbewerbs suchte der Kreis Gütersloh nach einem passenden Konzept.

Facts & Figures

Fertigstellung

09/2022

Leistungen

Architektur-Wettbewerb

Auftraggeber

Kreis Gütersloh

Architekt

Assmann Beraten + Planen

BGF

9.883 m²

Platzierung

4. Preis beim hochbaulichen Wettbewerb "Neubau Bevölkerungsschutzzentrum" im Kreis Gütersloh

Die Aufgabe

Es gilt, ein funktional hoch anspruchsvolles Gebäude zu entwickeln, in dem zukünftig Brand- und Katastrophenschutz, Rettungsdienste und Logistik sowie Tierseuchenbekämpfung konzentriert werden. Das Gebäude wird die wesentliche Basis für die reibungslose und effiziente Zusammenarbeit, Vernetzung und Kommunikation der Einheiten.

Funktionalität ist der Fokus der Aufgabe: optimale Abläufe und Zusammenhänge der einzelnen Einsatzbereiche sind dabei wesentliche Faktoren und zwingende Vorgabe.

Gleichzeitig hat das neue «Zuhause» der Einsatzkräfte, Seminarteilnehmer und Verwaltungsmitarbeiter sowie des Hausmeisters einen Anspruch an architektonische Gestaltung und Aufenthaltsqualität. Orte der Begegnung und Kommunikation sind dabei genauso wichtig wie Rückzugs- und Ruheorte.

Das Konzept

Um der notwendigen Funktionalität gerecht zu werden, wurde das Gebäude-Konzept sowohl von außen als auch von innen heraus entwickelt. Aus Verknüpfungen und Raumanforderungen einzelner Einsatzbereiche ergab sich fast «zwangsläufig» die Grundform eines langgestreckten Baukörpers, bestehend aus der Fahrzeughalle und einem mit ihr verwobenen Kopfgebäude, welches alle Funktionen «unter einem Dach» vereint.

Die Anordnung des Gebäudes im hinteren Bereich des Grundstücks entlang des Ölbachs ermöglicht die optimale Nutzung des komplexen Grundstückszuschnittes:

  • Zwischen Neubau und Thaddäusstraße liegen in der fast dreieckigen Fläche die kleinteiligen Übungsflächen und -gebäude mit dem Turm - vor zu neugierigen Blicken von der Straße durch eine 2.50 m hohe Wand abgeschirmt
  • Daran angegliedert ordnen sich westlich eine große ca. 6.000 m² zusammenhängende Außenfläche mit Hubschrauberlandeplatz, Betriebshof und Bereitstellungsfläche an

Durch seine Position entlang des Ölbachs bildet das Gebäude zugleich eine Pufferzone zwischen den südlich angrenzenden privaten Höfen und den gegebenenfalls lärmintensiven Übungsanlagen des Schutzzentrums.

Ausgehend vom zweigeschossigen Haupteingang verteilen sich im Erdgeschoss die Bereiche Brandschutz, Rettungsdienst und Lagerflächen. In den oberen Geschossen, durch zentral gelegene Treppenhäuser erreichbar, verteilen sich die Einsatzleitung, Verwaltung und die Hausmeisterwohnung (1.OG) sowie die Seminar- und Schulungsräume (2.OG).

Die Funktionen und Räume im Erdgeschoss sind so gegliedert und angeordnet, dass wichtige Abläufe im Katastrophenfall optimal funktionieren. Großzügige Verkehrsflächen bieten Orientierung und notwendigen Bewegungsraum.

Eine sehr kompakte Form des Kopfgebäudes ist möglich, da die verschiedenen lichten Höhen der Nutzungen genutzt werden, um die Funktionen miteinander zu verschränken und so Erweiterungsflächen von insgesamt 2.000 m² auf unterschiedlichen Ebenen zu ermöglichen. Dabei können zum einen die bereits vorhandenen Treppenhäuser oder ein derzeit noch optionales Treppenhaus im Bereich des Brandschutzes genutzt werden.

Gegenüber dem sehr funktionalen Erdgeschoss finden sich in den beiden Obergeschossen durch einen großzügig eingeschnittenen Innenhof Räume und Orte mit hoher Aufenthaltsqualität. Vom Essbereich der Kantine und von den Seminar- und Besprechungsräumen, vom Stabsraum und teilweise Flurbereichen gibt es direkte Zugänge zur Terrasse.

Der introvertierte Innenhof bietet den Mitarbeitern auch im Einsatzfall für einen Moment einen «grünen», ruhigen Rückzugsort, um sich neu auf die Aufgaben zu konzentrieren.

Durch die Fassadengestaltung aus teilweise Rot eingefärbtem Beton und die sichtbare Konstruktion sowie offenen Deckeninstallationen wird der funktionale Charakter des Gebäudes Außen wie Innen sichtbar.

Die Konstruktion des Gebäudes basiert in der Halle und im Kopfgebäude auf einem Raster von 4.50 m. Vorgesehen ist eine Skelettbauweise aus Betonstützen und Brettschichtholzbindern bzw. aus Stahlbetonträgern im Kopfgebäude.

Auch in der Wahl der Deckenkonstruktion werden die verschiedenen Nutzungen mit Ihrem Anspruch an Funktionalität bzw. Behaglichkeit sichtbar: Die Zwischendecken im Kopfgebäude sind im Erdgeschoss als Stahlbetonhohlkammerdecke und in den oberen Geschossen aus Brettsperrholzdecken vorgesehen.

Die Fassade besteht aus vorgefertigten Sandwichpanelen mit einer Dämmung und Textilbeton, welcher sehr schlanke Bauteile ohne Bewehrung ermöglicht und somit Gewicht wie auch Material einspart.

Durch die geplante Konstruktion lässt sich ein sehr hoher Vorfertigungsgrad in Fassaden- und Konstruktionselemente erzielen und eine zukünftige Erweiterung im gleichen System abbilden.

Das konzipierte Versorgungskonzept des Schutzzentrums und der wirtschaftliche Einsatz von Wärmedämmung und Fenstern führt zu einem passivhausnahen Standard. Dank einer guten Verfügbarkeit von geothermischem Potenzial im Erdreich, wird eine Versorgung des Neubaus mittels Sole/Wasserpumpe vorgesehen. Somit ist eine CO2-freie Wärmeversorgung des Gebäudes möglich.

Die beheizte Fläche des Warmgebäudes mit einer wirtschaftlichen Wärmedämmung nach EnEV benötigt für die ca. 3.870 m² Fläche einen Heizwärmebedarf von 135,5 kW. Dieser wird aus zwei kaskadierten Solen/Wasser-Wärmepumpen erzeugt.

Entsprechend dem Geologischen Dienst NRW besteht auf dem Grundstück eine gute Wärmeleitfähigkeit mit 2,0 bis 2,4 W/(mK). Um die notwendige Energie aus dem Erdreich zu entnehmen, werden ca. 30 Sonden à 100 m Länge benötigt.

Das Lüften und Heizen der hoch installierten Flächen (Schulungsräume, Leitstelle und Funkraum) erfolgt bedarfsgesteuert (Präsenz- und CO2-Melder) mittels Teilklimaanlagen mit eingebauten Luft-/Wasser-Wärmepumpen. Darüber werden ca. 50% der benötigten Wärmeenergie eingebracht. Der restliche Raumbedarf wird durch Heiz- und Kühlsegel gedeckt.

Auch in den Büroräumen sind Deckensegel mit Kühl-, Heiz- und Akustikfunktion in Sichtmontage geplant. In die Segel können weitere Installationen wie Leuchten eingebracht werden.

Die Grundlast der Nebenräume wird über statische Heizkörper, in den Dusch- und Umkleidebereichen auch über Fußbodenheizungen eingebracht.

In der Fahrzeughalle sind Infrarotheizungen vorgesehen, welche Bereichsweise in 8 Gruppen zuschaltbar sind und jeweils nur den benötigten Bereich erwärmen.

Mit dem Konzept werden keine fossilen Brennstoffe für die Beheizung des Gebäudes benötigt. Durch die Geothermie, die Wärmepumpe und die Deckenstrahlplatten kann ohne großen zusätzlichen Aufwand auch die Kühlung des Gebäudes erfolgen.

Die auf der Fahrzeughalle und den Parkplatzüberdachungen vorgesehenen Photovoltaikfläche mit ca. 1.950 m² ergeben eine Spitzenleistung von ca. 435 kWp und einen Gesamtertrag von 2.200.000 kWh/Jahr.

Damit werden die Wärmepumpen, die Infrarotheizungen und weitere elektrische Verbräuche betrieben, überschüssiger Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist.

Zur Vergrößerung der Autarkie ist neben der Photovoltaik auch eine Mittelspannungseinspeisung aus dem Netz des örtlichen Energieversorgers, ein ortsfestes Notstromaggregat und die Anschlussmöglichkeit für eine mobile fahrbare Netzersatzanlage vorgesehen.

Die Dächer des Hauptgebäudes werden als extensives Gründach geplant und leisten somit einen wichtigen Beitrag zum Mikroklima. Zudem wird über die Dächer das Regenwasser gesammelt und für den Einsatz der Waschanlage und der Bewässerung der Grünanlagen verwendet.